ANDREAS FRASNELLI: EIN ARZT UND UNTERNEHMER, DER HYPOTHERMIE DEN KAMPF ANSAGT

Andreas Frasnelli

Das Natischer Start-up frater.swiss – Finalist des Venture Kick 2019, eines der renommierten Programme für Schweizer Start-up-Unternehmen – entwickelt eine neue Technologie, die durch chemische Umwandlung auf die Temperatur der Infusionsflüssigkeit wirkt. Und das ohne Batterie. Diese u. a. für eine spitalexterne Verwendung vorgesehene Lösung ist für Patienten, die in den Bergen oder in einer kalten Umgebung gerettet werden, von entscheidender Bedeutung. Da sie dem Risiko einer Unterkühlung ausgesetzt sind, muss ihre Körpertemperatur so schnell wie möglich stabilisiert werden. Wir haben mit Dr. Andreas Frasnelli, dem Gründer und CEO des Unternehmens, der auch die Notfallstation des Spitals Visp leitet, gesprochen. Er hat seine langjährige Erfahrung in Helikopter-Rettungseinsätzen in seine Lösung einfliessen lassen. Porträt dieses aussergewöhnlichen Mannes, der im Herzen der Schweizer Alpen wohnt.

Mit seiner zerklüfteten Topographie, umgeben von den höchsten Gipfeln der Alpen (Matterhorn, Dufourspitze, Weisshorn), profitiert das Wallis von einer einzigartigen Lage in der Schweiz und von modernstem Know-how in der Notfallmedizin und Bergrettung. Dank der grossen Vielfalt und dem national wie international anerkannten Fachwissen der im Wallis etablierten Akteure hat sich der Kanton zu einem echten Kompetenzzentrum in diesem Bereich entwickelt. Jeden Monat treffen wir uns mit Akteuren des Walliser Gesundheitswesens und stellen Unternehmer vor, die die Medizin von morgen mitentwickeln.

Ein Gespräch mit Dr. Andreas Frasnelli, Gründer und CEO des Oberwalliser Start-ups frater.swiss und Leiter der Notfallstation im Spital Visp.

Wie sind Sie auf die Idee zu dieser Lösung gekommen?

Angefangen hat alles im Jahr 2012, als ich für eine Rettungsorganisation im Engadin arbeitete. Die Temperaturen können dort sehr tief – bis zu -34 Grad – fallen. Regelmässig froren die Infusionsleitungen ein und wir konnten sie nicht mehr nutzen. Wir haben nicht einmal mehr einen Katheter gelegt, da wir wussten, dass wir keine Injektionen verabreichen konnten. Patienten mussten wir vertrösten, indem wir ihnen erklärten, dass der Flug kurz sein würde. Aber bei einem gebrochenen Bein braucht der Patient Schmerzmittel!

Zu dieser Zeit begann ich über eine Lösung für meine tägliche Arbeit nachzudenken. Diese Recherche hat mich viel Zeit gekostet. Ich wiederhole es gern: Ich bin nur ein Arzt und verfüge nicht über die entsprechenden technischen Kenntnisse. Daher habe ich mein eigenes Netzwerk aktiviert. Ich entdeckte innovationsfördernde Einrichtungen in der Schweiz wie die Stiftung The Ark.

Welche Herausforderungen mussten Sie zu Beginn meistern?

Von Anfang an erhielt ich viele positive Rückmeldungen, aber die Mehrheit der Leute sagte mir: „Das ist eine grossartige Idee, aber ich kann nichts für Sie tun. Und vor allem, erzählen Sie niemandem davon, denn das existiert noch nicht.“ Es gab also echtes Potenzial, aber keine Hilfe. Nach einer Nachtschicht am St. Galler Spital, wo ich damals arbeitete, unternahm ich einen letzten Versuch: Ich reichte bei der Kommission für Technologie und Innovation (heute Innosuisse) ein Projekt ein. Dabei dachte ich: „Ich werde es noch einmal versuchen, und wenn es keine Hilfe gibt, werde ich alles abbrechen.“ Glücklicherweise erhielt ich einige Tage später einen Anruf, in dem ich gebeten wurde, eine Machbarkeitsstudie durchzuführen, und ich konnte mich mit einem Mentor in Verbindung setzen. Mit Hilfe der Stiftung The Ark konnte ich ein zweites Projekt bei Innosuisse einreichen, die Lösung patentieren lassen und die Firma vergrössern.

Wie gross ist der Wettbewerb auf diesem Markt?

Es gibt ähnliche Lösungen, aber sie funktionieren alle mit Batterien. Sie sind schwer und teuer, und oft ist eine spezifische Ausbildung in ihrer Anwendung erforderlich, da verschiedene Teile miteinander verbunden werden müssen. Aus all diesen Gründen wollten wir eine Lösung entwickeln, die einfach zu bedienen ist, das heisst ohne Batterie oder Schulung. Unsere Lösung ist ein integraler Bestandteil der Infusionsgeräte, da es sich um eine chemische Beschichtung handelt, die die Infusionsleitungen erwärmt.

Um sich ein Bild über den potenziellen Markt zu machen: Die Rettungsorganisation einer der grössten Städte der Schweiz nutzt jährlich etwa 10’000 Injektionsleitungen. Davon könnten 20 Prozent für eine Thermoregulierung der Flüssigkeit in Frage kommen.

Wo stehen Sie aktuell?

Damit die chemische Reaktion wirksam ist, muss man sie starten und kontrollieren können. Heute funktioniert der Start, also die Erwärmung der Flüssigkeit mit chemischen Wirkstoffen, gut. Wir arbeiten nun daran, das chemische Reagenz in die Beschichtung zu integrieren, wobei die Abmessungen einer Basiseinspritzleitung (4 mm Umfang) so weit wie möglich beibehalten werden sollen. Mit Hilfe der EMPA suchen wir nach einer Möglichkeit, die Temperatur der Flüssigkeit zu kontrollieren.

Um schnell einen Prototyp entwickeln und den besten Weg zur Herstellung unserer Lösung bestimmen zu können, bemühen wir uns derzeit um weitere finanzielle Mittel.

>>Weitere Informationen über das Start-up frater.swiss finden Sie HIER

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